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ANPASSUNGS- STRATEGIEN DES NIEDERSÄCHSISCHEN ACKERBAUS

Ausgehend von den langjährigen Düngeversuchen auf den Versuchsgütern der Universität Göttingen werden Anpassungsstrategien in Fruchtfolge und Düngung untersucht und in Modellierungsansätze überführt, um die Skalierung der Versuchsergebnisse auf die höhere naturräumliche Skala zu ermöglichen. Auch die sich aus den Einschränkungen der Düngeverordnung ergebenden Veränderungen in der Nährstoffversorgung der Böden und die damit einhergehenden Veränderungen in der Zusammensetzung der produzierten Nahrungsmittel sollen näher beleuchtet werden. Folgen des Klimawandels und von Extremwetterereignissen werden modellbasiert ebenfalls betrachtet.

Innovationen im Bereich des Precision Farming, die erst durch die vermehrte Nutzung von künstlicher Intelligenz, autonomer Robotik und maschinellem Lernen möglich geworden sind, werden auf ihr Potential zur Abmilderung der Effekte von Produktionseinschränkungen auf die Produktivität und hinsichtlich Akzeptanz für die in regional angepassten Ackerbaustrategien erzeugten Produkte untersucht.

Verantwortlicher Projektleiter:

Prof. Dr. Bernhard Brümmer (UGoe)

zern@uni-goettingen.de

Herausforderungen

Knappheiten bei

  • Nährstoffversorgung (Dünge-VO, rote Gebiete)
  • Wasser (Grundwasserspiegel)
  • Pflanzenschutzmitteleinsatz (Wirkstoffverfügbarkeit)
  • Landwirtschaftliche Nutzfläche (Wiedervernässung, EU-Biodiversitätsstrategie, Flächenbedarf für Tierhaltung)

 

Regularien in Bezug auf

  • European Green Deal
  • Niedersächsischer Weg

Geplante Arbeitspakete (AP 1-6)

AP 1 Fruchtfolgenanpassung/ Modellierung – Prof. Dr. Stefan Siebert

Ziel des AP1 ist die umfassende Analyse bestehender Fruchtfolgen- und deren Eignung in Niedersachsen, die Detektion von Einflussfaktoren, die gegenwärtige Fruchtfolgen bestimmen sowie die Bestimmung geeigneter Fruchtfolgen unter veränderten klimatischen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen.

1) Analyse bestehender Fruchtfolgen: Fruchtfolgen in Niedersachsen werden im Zeitraum 2012-2024 hinsichtlich ihrer Eignung laut etablierter Fruchtfolgetheorie bewertet, indem jede Vor- und Nachfruchtkombination einzeln bewertet und dann der Mittelwert über den gesamten Zeitraum gebildet wird. Dabei werden Daten für mehr als 900.000 Felder in Niedersachsen verwendet. Anschließend wird nach Gründen für Abweichungen zu den erwarteten Fruchtfolgen gesucht. Ziel ist die Quantifikation der Wirkung dieser Einflussfaktoren auf die Fruchtfolge.

2) Modellierung von Pflanzenentwicklung und Ertrag: Es erfolgt eine Modellierung von Ertragszeitreihen im Zeitraum 2000-2024 für die wichtigsten Feldkulturen in Niedersachsen unter Berücksichtigung von Boden, Klima und Nährstoffverfügbarkeit und anschließender Anwendung eines Korrekturfaktors, der andere Einflüsse wie Pflanzenkrankheiten abbildet.  Desweiteren wird eine Modellierung unter veränderten Klimabedingungen mit Projektionen bis zum Ende dieses Jahrhunderts durchgeführt, um Veränderungen der Phänologie (Erntetermine) sowie des Ertragspotenzials abzubilden.

3) Anpassung von Fruchtfolgen: Basierend auf den Erkenntnissen in 1) und 2) erfolgt unter Verwendung plausibler Szenarien die Identifikation von Fruchtfolgen, die unter geänderten Rahmenbedingungen in Niedersachsen vorteilhaft sein könnten.

AP 2 Bodenwirkungen geänderter Düngestrategien – Leitung: Prof. Dr. Georg Guggenberger (AG Bodenchemie) und Prof. Dr. Stephan Peth (AG Bodenbiophysik), Mitarbeiterinnen: Svenja Roosch (Bodenbiophysik) und Jiem Krüger (Bodenchemie)

Um Anpassungsstrategien für niedersächsische Anbausysteme zu untersuchen, werden im Rahmen dieses AP2 langjährige Dünge- und Bodenbearbeitungsversuche der Universität Göttingen, die Nährstoff und Wasserdynamik im Boden und die sich einstellenden Änderungen in chemischen und physikalischen Bodenqualitätsparametern ermittelt. Da C-, N- und H2O-Kreisläufe eng miteinander gekoppelt sind und direkt vom Klima bzw. den Bewirtschaftungsmaßnahmen abhängen, ist vorgesehen, diese Stoffflüsse in ihrem Zusammenhang zu betrachten und entlang der Dünge- bzw. Bearbeitungsgradienten Kohlenstoff- (CUE) und Wassernutzungseffizienzen (WUE) zu ermitteln. Zunächst liegt der Fokus auf Parzellen- bzw. plotskaligen Versuchen, die u.a. auch genutzt werden solen, um mit UAV-gestützten (Hyper)Spektralen Informationen vom Boden bzw. dem Pflanzenbestand Transferfunktionen zu entwickeln, mit deren Hilfe sich in einem zweiten Schritt die Ergebnisse auf andere Regionen übertragen lassen (Upscaling).

1) Stickstoff- und Kohlenstoffdynamik in landwirtschaftlichen Böden unter unterschiedlicher Bodenbearbeitung und Düngungsregimen (AG Guggenberger)

2) Physikalische Bodenfunktionen und Wassernutzungseffizienz in landwirtschaftlichen Böden unter unterschiedlicher Bodenbearbeitung und Düngungsregimen (AG Peth)

Die Ergebnisse aus 2) sollen schließlich mit den Nährstoffumsetzungen und Stoffflüssen (C- und N-Austräge) aus 1) zusammengeführt und übergreifend ausgewertet werden.

AP 3 Potentiale von KI zur Verbesserung von Precision Farming – Leitung: Prof. Dr. Martin Atzmüller

Künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen, und entsprechende integrierte KI-Systeme (z.B. im Bereich Robotik) ermöglichen eine Vielzahl von datengetriebenen bzw. wissensgetriebenen Untersuchungen und Analysen im Bereich Precision Farming, beispielsweise hinsichtlich Bewirtschaftung, Bearbeitungsformen sowie Management. Hierbei ist insbesondere die Betrachtung bzw. Untersuchung großer Datenmengen, sowie multimodaler bzw. komplexer Daten relevant, um damit eine umfassende Modellierung vornehmen zu können, Modelle zu generieren, neues Wissen bzw. Schlüsse abzuleiten, und letztendlich damit auch zur Entscheidungsunterstützung zu dienen. Insbesondere werden damit Methoden und Techniken adressiert, welche Schritte wie die Integration verschiedener Datenquellen, insbesondere Sensordaten, die Modellierung derartiger komplexer Daten, sowie die Entwicklung und den Einsatz erklärbarer KI-Verfahren (XAI) zur Unterstützung von Transparenz und Akzeptanz unterstützen.

AP 4 Effizeinz und Produktivitätswirkungen – Leitung: Prof. Dr. Bernhard Brümmer und Prof. Dr. Stephan v. Cramon Taubadel, Mitarbeiter: Jonas Wandt

Agrarpolitische Änderungen auf Ebene der EU, des Bundes und des Landes Niedersachsen stellen die etablierten Ackerbauverfahren vor große Herausforderungen. Auf Ebene der EU ist hier der European Green Deal (EGD) zu nennen, insbesondere mit Blick auf Pflanzenschutzmitteleinsatz und Düngung. Auf Ebene Niedersachsens ist die Umsetzung der EU-Agrarpolitik in den nationalen Strategieplan, die Ausweisung von besonderen Gebieten im Rahmen der Umsetzung der Düngeverordnung von großer Bedeutung, aber auch der „Niedersächsische Weg“ verändert die Rahmenbedingungen des Ackerbaus.

Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen sollen in diesem Teilprojekt die Auswirkungen auf die Produktivität (partielle Faktorproduktivität, Ressourcen-Nutzungseffizienz und totale Faktorproduktivität) untersucht werden. Dabei wird die Untersuchung auf verschiedenen Skalen avisiert – von der einzelflächenbezogenen Betrachtung über die einzelbetriebliche Modellierung hinweg hin zur Hochskalierung auf die Ebene des Landes Niedersachsen. Hierzu ist ein Mix an Methoden notwendig – von der pflanzenbaulichen Modellierung auf Versuchsflächen über Optimierungsansätze für den Einzelbetrieb bis zur ökonometrischen Modellierung anhand des FADN-Testbetriebsnetzes für Niedersachsen.

AP 5 Verbraucherakzeptanz – Leitung: Dr. Sarah Iweala

1) Im ersten Arbeitsschritt sollen die auf gesellschaftlicher Seite vorhandenen Bedenken hinsichtlich des Einsatzes von Genome Editing sowie verschiedener Smart-Farming Technologien analysiert werden. Bisherige Studie zeigen auf, dass eine Skepsis bis Ablehnung bei Bürger*innen vorherrscht. Um diese abzubauen ist jedoch ein umfassenderes Verständnis der dahinterliegenden Werte und Vorstellungen notwendig um Kommunikationsmaßnahmen ableiten zu können.

2) In einem zweiten Arbeitsschritt soll ermittelt werden, welche Begrifflichkeiten für die Vermittlung von Produktionsprozessen in Bezug auf eine „Hightech-Nachhaltigkeit“ genutzt werden könnten und wie diese von den Verbraucher*innen verstanden werden. In der Verbraucherkommunikation müssen Begrifflichkeiten leicht verständlich und dennoch aussagekräftig sein. Dies stellt gerade bei komplexen Themen eine Herausforderung dar.

3) Die sich aus den qualitativen Befragungen ergebenden Bedenken und Einstellung zu neuen Technologien sowie die resultierenden Begriffe werden anschließend mittels in einer quantitativen Bürger-Befragung validiert und getestet. Für die Begrifflichkeiten wird sich an der Methodik der Markenforschung orientiert, nach welcher Markennamen, wie auch verwendete Begrifflichkeiten, leicht verständlich und unverwechselbar sein sollen sowie ausreichend Aufmerksamkeit generieren müssen.

4) Im vierten Arbeitsschritt wird ein Discrete Choice Experiment mittels einer quantitaiven Verbraucherstudie durchgeführt, um zu überprüfen, ob die erarbeiteten Begrifflichkeiten die erwünschte Kauf- und Zahlungsbereitschaft generieren.

AP 6 Wohlfahrtswirkungen veränderter Ernährungsumgebungen – Leitung: Prof. Dr. Liesbeth Colen

AP6 hat als Ziel, die gesamten Wohlfahrtseffekte der untersuchten Anpassungsstrategien zu bewerten. Wenn Bodenbewirtschaftungsstrategien, Fruchtfolgemuster und Präzisionslandwirtschaftstechnologien angepasst werden, sind Auswirkungen auf Gesamtvolumen und Zusammensetzung der landwirtschaftlichen Produkte zu erwarten, was sich möglicherweise auf die Preise von Lebensmitteln auswirkt. In diesem AP6 soll untersucht werden, wie sich verschiedene Szenarien auf die Preise von Lebensmitteln auswirken und wie sich diese wiederum auf die Verbraucher*innen auswirken. Preis- und Einkommenselastizitäten für verschiedene Gruppen und unterschiedliche geografische Lagen in der Gesellschaft sollen ebenfalls untersucht werden. Durch die Kombination dieser Ergebnisse mit einer Bewertung der ökologischen Vorteile (z.B. durch lokale Lebensmittelvielfalt) derselben Strategien, die aus bestehenden Studien sowie aus anderen Teilprojekten zur Verbraucherakzeptanz verschiedener Anpassungsstrategien oder neuer Produkte abgeleitet werden, wird eine Wohlfahrtsanalyse verschiedener Anpassungsszenarien und -politiken für Bürger*innen mit unterschiedlichen demografischen Profilen in Niedersachsen ermöglicht.